Mein Spezialvikariat in Finnland

Hallo Welt!

Tja – da stehe ich nun also und kann es eigentlich gar nicht richtig fassen: Es hat alles geklappt und ich mache mein Spezialvikariat in der deutschsprachigen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Finnland. Für längere Zeit ins Ausland wollte ich immer schonmal gehen – und nun endlich hat es geklappt. Helsinki. Finnland. Nach meinem Vikariat in Deutschland kann ich nun also hier meine Erfahrungen machen, was es zum einen heißt mit der ganzen Familie im Ausland zu leben (und ich muss sagen, dass ist für 1 Jahr echt viel vorzubereiten) und zum anderen kann ich den aus Deutschland entsandten Pfarrern über die Schultern schauen und ein “Auslandspfarramt” kennen lernen. Das ist toll!

Überhaupt, dass es von der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) die Möglichkeit gibt nach dem Vikariat und all den bestandenen Prüfungen nochmal 1 Jahr Ausland zu schnuppern, bevor es zurück in Deutschland dann in die erste eigene Gemeinde geht, finde ich ein tolles Angebot – und dachte mir “das nutze ich doch mal”. Gedacht und geplant. Bewerbung abgeschickt und aufgenommen. Und so bin ich jetzt hier. Im hohen Norden. Die deutschsprachige Gemeinde in Finnland ist eine ganz spezielle Auslandsgemeinde. Sie gehört als Gemeinde zur finnisch-lutherischen Staatskirche und ist somit in ihrer Struktur nach finnischem Kirchengesetz aufgestellt. Aufgrund der deutschen Sprache pflegt sie eine besondere Beziehung nach Deutschland, und bekommt von der EKD die Pfarrer*innen entsendet.

Und falls ihr euch jetzt fragt, was ein Spezialvikariat ist – dann seit ihr mit dieser Frage nicht allein. An sich ist es die Möglichkeit der Kirche vor dem eigentlichen Berufseinstieg nochmal in andere Bereiche der kirchlichen Arbeit Einblick zu bekommen. Eine tolle Sache. Und dennoch fällt es mir schwer, meine Rolle als “Spezialvikarin” genau zu begreifen. Nicht mehr in Ausbildung, aber halt auch nicht fertige Pfarrerin. Irgendwie wie eine Praktikantin, aber auch mehr als das. Fast schon gleichwertige Kollegin, aber halt auch nicht ganz… Und so bin ich hier in der Gemeinde irgendwo dazwischen unterwegs. Ich nutze die vielen tollen Angebote (die leider wegen Corona momentan komplett runtergefahren werden mussten), begegne Menschen mit ihren spannenden Lebensläufen, bilde mich in pastporaler Arbeit weiter, mache Gottesdienste und erhalte Einblick in Gemeindeleitung. Es ist also fast wie ein erweitertes Vikariat nur ohne den ganzen Prüfungsstress. Ich kann mich in den unterschiedlichsten Dingen ausprobieren und sammel viele Erfahrungen, ohne die ganze Verantwortung tragen zu müssen. Ein Probier-, Lern- und Reflexionsfeld ohne Prüfungen. Einfach mega! Und das alles auch noch in einer wünderschön gelegenen Stadt. Direkt an der Ostsee.

In meinem Blog schreibe ich über gerade diese Erfahrung meines Spezialvikariatsdaseins, über das Leben im Ausland als Familie in einem Land, dessen Sprache, so schön sie auch klingt, ich leider ich nicht verstehe und natürlich über Finnland.

“Hallo Welt” lautete der Lückenfüllertitel von WordPress beim Erstellen des ersten Blogbeitrages. Und als ich diesen gesehen habe, habe ich mir gedacht, dass das eine ganz gute Überschrift für meinen ersten Blogeintrag ist: Ja, so fühle ich mich, wenn ich abends (und manchmal auch morgens) am Meer entlang laufe – jetzt im Winter komme ich sogar auf die vorgelagerten Insel Uunisaari zu Fuß – “Hallo Welt”. Ich blicke auf das Meer und freue mich. Was ein wunderschöner Ort. Was eine wunderschöne Welt. und ich mittendrin.

Mittlerweile habe ich mich auch schon hier in Helsinki eingelebt und meine Sepzialvikariatszeit ist fast zur Hälfte rum. Leider habe ich es nicht früher geschafft zu schreiben – aber jetzt schreibe ich ja… Und kann euch schon so einiges über meine Zeit berichten! Da war z.B. der Besuch des Jenaer Soziologen und Professor Hartmut Rosa, der im November auf gemeinsame Einladung unserer Gemeinde, der Universität Helsinki, der deutschen Botschaft und dem Goetheunstitut nach Helsinki kam und an der Uni seine Lehre vorgestellt hat. In einem vollen Hörsaal, den wir wegen den Coronabedingungen leider nicht voller machen konnten, kamen Viele um sich seine Resonanztheorie anzuhören. Und immer, wenn ich nun am Meer stehe, die Kälte sich ihre Bahn durch meine Schichten an Kleidern sucht, der Wind pfeifft und die Sonne scheint, denke ich an seine Theorie der Weltbeziehungen: Resonanz entsteht immer dann, wenn etwas in uns von außen zum Schwingen gebracht wird, wir in Beziehung zur Umwelt treten und von ihr angerührt werden. “Hallo Welt” – Ja! Hier stehe ich und blicke in die Natur. Ja! Freude kommt in mir auf: “Hallo Welt! Ich bin hier!”

Bei einem Spaziergang auf Unnisaari im Herbst

3 Comments

  1. Veronika Meyer

    Liebe Sophie, was für ein schöner Start von deinen Reise Erfahrungen zu berichten. Ich wünsche Dir mit deinen Lieben weiterin viele neue Eindrücke und schöne Resonanzen in der zweiten Hälfte des Spezialvikariats in Finnland, in der Auslandsgemeinde. Ich freue mich mehr von Dir zu lesen. Bleibt bitte gesund und LG von den 4Meyers

    • DieSpezialvikarin

      Ach wie schön, dass ihr meinen Blog verfolgt. Ganz liebe Grüße aus dem verschneiten Norden!

  2. Yvonne Teuber-Luehder

    Hallo Sophie, schön von Dir und Euren Erfahrungen während des Spezialvikariats in Finnland bei der deutschen Gemeinde zu lesen! Was für eine großartige Möglichkeit über die üblichen Grenzen hinaus berufliche Erfahrungen zu machen und was für ein tolles Abenteuer für Deine Familie und Dich🤩 Wir hoffen, dass Du vielleicht noch das ein oder andere schreiben kannst über die Zeit in Finnland. Viel Freude dabei und alles Liebe und Gute für Euch alle von BFYD aus good old Hessen

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